Interview-Serie: Ein Blick in die Vergangenheit – So war das Leben mit Zöliakie früher. Teil 2

Wie war das Leben mit Zöliakie früher? Welche Auswahl gab es im Supermarkt und im Restaurant? In dieser Interview-Serie erzählen mir langjährige Zölis von ihrer Diagnose, wie es sich früher als Zöli gelebt hat und was sich seitdem verändert hat.

Das ist Teil 2 der Interview-Serie „Ein Blick in die Vergangenheit: Wie war das Leben als mit Zöliakie früher & was hat sich verändert?“.

Das sind alle Interviews der Serie:

1 Hallo Evelyn, stelle dich gerne vor.

Hallo Jenni, ich bin 44 Jahre alt, seit 25 Jahren verheiratet und habe 2 Kinder im Alter von 17 und 18 Jahren.
Ich arbeite als Ass. der Geschäftsführung in einer Schule für Ärzte, welche die Manuelle Medizin erlernen möchten.

Als Ausgleich zu meiner Arbeit liebe ich das Kochen. Ich bin ein ordnungliebender, sportlicher Typ und hab eigentlich immer „Hummeln in der Hose“. Meine Familie ist für mich das größte Gut und wir leben in einem ausgesprochen harmonischen Familienverband.

2 Seit wann hast du die Diagnose Zöliakie. Wie war dein Weg zur Diagnose damals?

Bei mir wurde die Diagnose bereits im 8. Lebensmonat gestellt. Meine Mama berichtete mir, dass das ein sehr langwieriger Prozess war die Diagnose zu stellen, da die Krankheit damals noch nicht sehr bekannt war.

Zum Glück trafen meine Eltern auf der Universitätsklinik für Kinder – und Jugendheilkunde Herrn Univ.Prof. Dr. Erich Rossibal. Er war damals schon mit dieser Autoimunerkrankung bestens betraut und konnte somit meinen Eltern und mir helfen. Ich war dann bis ich in die Pubertät kam bei ihm in Behandlung.

3 Wie ging deine Familie mit den veränderten Lebensumständen um?

Für meine Eltern war es mit den vorhandenen Ressourcen relativ schwer ein gutes Alternativprogramm zu bieten.

Es gab max. 2 Mehlmischungen und zu unerschwinglichen Preisen fertiges Brot. Deshalb gab sich meine Mama große Mühe mir ein schmackhaftes Brot zu backen. Mein Papa erlernte wegen mir das Kochen und ist mittlerweile „Meister“ dieses Faches.

Meine Eltern wollten so viel es ihnen damals (ohne Internetrecherchen, sonder wirklich old school aus Bücher und mit Gesprächen der Ärzte) möglich war über die Krankheit wissen und mir ein glückliches sorgloses Leben bieten.

Mein Papa ging damals sogar soweit, dass er Mitbegründer des ersten österreichischen Zöliakievereins in der Steiermark war und sehr lange dort im Vorstand als Kassier fungierte.

Meine Eltern gaben mir nie das Gefühl, dass ich „krank“ wäre und wurde auch in keinster Weise meiner Schwester gegenüber bevorzugt. Die Tatsache das ich ein anderes Essen brauchte und öfter als meine Schwester zum Arzt musste war der einzige Unterschied in unserem Aufwachsen. Die Krankheit selber wurde nie zum Thema gemacht. Meine Eltern haben mir alles erklärt und mich auf die für mich relevanten Details aufmerksam gemacht, mehr nicht.

4 Wie ging es dir damals? Wie war das glutenfreie Angebot im Supermarkt, im Restaurant? Wie war das Wissen über Zöliakie?

Schlussendlich war ich froh, obwohl es eine anstrengende und nervenraubende Tortour war. Die Umstellung war so kompliziert, das ich einfach mal mich 2 Monate hauptsächlich von Obstsalat ernährte.

Das Angebot von glutenfreiem im Supermarkt war ziemlich rar. Man musste alles toasten oder aufbacken. Entweder war das belegte Brot, schlapprig wie Pudding oder so steinhart das dir die Zähne fast abbrachen. Geschmeckt hat es nach Pappkarton 😉

Im Restaurant gab es fast gar nichts zu essen, sogar bei Salaten musste man aufpassen. Damals gab es die Allergeninfos noch nicht. So gut wie niemand wusste über Zöliakie bescheid, sogar die Ärzte hatten Probleme damit. Man wurde als Hypochonder, „hoacklig“ oder als komplett bescheuert hingestellt. Verständnis hatte kaum jemand. Mein damaliger Kochlehrer behauptete, das würde es gar nicht geben.

5 Wie geht es dir heute mit der Zöliakie? Was hat sich verändert seitdem du damals die Diagnose bekommen hast?

Mir geht es mit der Zöliakie hervorragend. Die letzte Untersuchung beim Internisten gaben nur beste Werte. Ich fühle mich noch immer nicht anders als Menschen ohne Zöliakie. Ich finde das Angebot, welches jetzt in den Supermärkten gibt fantastisch und habe wirklich in keinster Weise das Gefühl auf etwas verzichten zu müssen. Eigentlich bin ich dankbar dafür, dass ich schon immer auf die „Zutatenliste“ der einzelnen Produkte hab schauen müssen, somit ist mir sicher einiges erspart geblieben. 🙂

Mein Mann und ich reisen sehr gerne und waren von gehobenen Hotels bis zum „Dorfwirt“ in den unterschiedlichsten Regionen. Die Zöliakie war hier nie ein Hindernis.

In der Vorbereitung einer Reise steckt vielleicht das eine oder andere zusätzliche E-Mail als Mehraufwand, oder dass man eben bereit ist mit Händen und Füßen mit dem jeweiligen Koch zu sprechen, gegebenfalls auch selbst in der Küche hantieren darf. Aber nachdem ich ein kommunikativer Mensch bin, hat mir das nie etwas ausgemacht.

Liebe Evelyn, vielen Dank für das spannende Interview! Ich finde es ganz wunderbar, wie deine Familie mit der Diagnose umgegangen und dich unterstützt hat.

Jenni Marieni

Hallo! Ich bin Jenni.

Zöli. Mutmacherin. Entdeckerin. wienverliebt.

Mit meinem Blog möchte ich dir Tipps für das Leben mit Zöliakie geben und dir Mut machen, auch mit einer Autoimmunerkrankung das Leben so richtig zu genießen. Meine Liebe zu Wien ist hier genauso Thema, wie Erlebnisse aus meinem Alltag und glutenfreie Entdeckungen.